Fundamentalbewertung von Goldminen und Gold als Assetklasse

  • In diesem Faden würde ich gerne diskutieren wie Gold und Goldaktien zur Zeit bewertet sind und welche Renditen "Forward-Looking" zu erwarten sind. Es geht dabei nicht um Einzelwerte sondern eher um breite fundamentale Bewertungen der gesamten Assetklassen oder von Indizees. Dabei interessiert mich vor allem Fundamentalbewertungen und wie sich daraus Forward-Looking Renditen ableiten lassen.


    Bei Goldaktien sind es vor allem Multiples die eine Bewertung zulassen wie z.B. CAPE, PE, PB, PC, PS, DY. Am Beispiel hier mal das PC (Price-Cashflowverhältnis von 1985-2021):


    Sämtliche Preismultiples großer Goldminenaktien lagen zu Beginn 2021 signifikant niedriger als im historischen Durchschnitt. Das Verhältnis von Marktkapitalisierung zu Cash-Flows bewegt sich zz. auf dem niedrigsten Stand seit 1985.

    • Das durchschnittliche Preis-Cashflow-Verhältnis (PC) lag historisch (1988-2021) bei ca. 12.
    • Das historische Price Earning Multiple (PE) gar bei 30 (1985-2008).
    • Das durchschnittliche Price Books Value Ratio (PB) bei 2,5 (1980-2012).

    Für Aktien sind das sehr hohe historische Multiples. Erklärbar sind die hohen Multiples und somit niedrigen Forward-Renditen dadurch, dass die Assetklasse eine geringe Korrelation zum restlichen Markt besitzt. Umso positiver ist die derzeitige niedrige Bewertung.Aus diesen Multiples lassen sich analog zu normalen Aktien zumindest grob Erwartungswerte für Forward-Renditen approximieren. Studien dazu würden mich sehr interessieren. Auch Online-Ressourcen. Diese gerne hier posten.


    Quellen / wichtige Links werde ich hier oben verlinken.


    Goldaktien - Bewertung/Multiples (Links):
    Multiples PE, PS, PC, PB, DY - NYSE Arca Gold BUGS
    Multiples PE, PS, PC, PB, DY - Solactive Global Pure Gold Miners (Index)


    Neben den Multiples spielt für die Goldminenaktien aber natürlich der Goldpreis selber die herausragende Bedeutung. Goldaktien haben in etwa ein Goldbeta von 2 und ein Aktienbeta von 1. Der Goldpreis fliesst entsprechend gehebelt in die künftigen Renditen ein. Daher läßt sich die Bewertung von Goldaktien und Gold auch nicht wirklich voneinander trennen.


    Bei Gold selber ist ein Fundamentalbewertung leider deutlich komplizierter. Ein Treiber ist sind hier z.B. die Realzinsen. Fundamental gesehen ist es daher wichtig wie man die Nominalzinsentwicklung und die Inflationsentwicklung einschätzt. Dazu später mehr. Aber auch der Angst-/Krisenfaktor spielt eine Rolle ist aber schwierig abzuschätzen. Zudem kann man grob Ratios zu anderen Assetklassen bilden z.B. HUI/Gold, Dow/Gold usw. Letzteres versucht vor allem der sehr lesenswerte (wenn auch stark interessensgeleitete) "In Gold We Trust Report, der grade frisch für das Jahr 2022 erschienen ist.


    Gold - Bewertung (Links):
    Moore Inflation Forecast
    Taylor-Regel
    In Gold We trust Report

  • Um sich eine schnellen aktuellen Überblick über die fundamentale Bewertung der Goldminen zu verschaffen eignen sich die oben verlinkten Morningstar X-Ray-Sichten der Indizees / ETFs.


    Wie man sieht sind die enthaltenen Positionen zur Zeit im Mittel sehr gut gegenüber dem historischen Mittelwert bewertet (grüne Markierung):

    • Ein Forward PE von 11 gegenüber dem historische Price Earning Multiple von 30 (1985-2008) ist ausgezeichnet. Wobei Forward-PEs meist um 30% geschönt sind, aber trotzdem ergibt sich locker ein 100% Kurssteigerungpotenzial zum historischen Mittelwert.
    • Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Buchwert. Ein durchschnittliches Price Books Value Ratio (PB) von 1,13 gegenüber dem historischen PB von 2,5 (1980-2012) ist eine extrem starke Bewertung.
    • Ein Preis-Cashflow-Verhältnis (PC) von 5,36 PE deutet ebenfalls auf ein Potenzial von über 100% Kurssteigerung hin. Der historische PC (1988-2021) lag bei ca. 12.

    Historische PS ratios kenne ich leider nicht. Wer da welche hat: Bitte gerne posten!



    Der Solactive Global Pure Gold Miners Index beinhaltet maximal 30 internationale Unternehmen aus der Goldmining-Industrie. Die Unternehmen müssen mindestens 90% ihres Umsatzes im Bereich Gold erzielen. Die Gewichtung erfolgt nach Freefloat Marktkapitalisierung. Der Index wird als Performance-Index in USD berechnet und jährlich angepasst. Zur Zeit sind 25 Unternehmen enthalten.



  • Das Ganze ist aberschon abhängig davon welchen Index man wählt. Der etwas populärere HUI auch NYSE ARCA Goldbugs ist immer noch gut im Vergleich zu den historischen Mittelwerten bewertet, jedoch schlechter als der Solactive Index:







    Der NYSE Arca Gold BUGS Index (auch HUI genannt, früher AMEX Gold BUGS Index) ist ein in US-Dollar gehandelter Aktienindex von internationalen Goldproduzenten und hauptsächlich Gold fördernden Bergbauunternehmen. BUGS ist die Abkürzung für Basket of Unhedged Gold Stocks (Aktienkorb vonGoldunternehmen, die sich nicht mit Vorwärtsverkäufen abgesichert haben). Der Index wirbt damit kurzfristige Kursbewegungen des Goldpreises näherungsweise abzubilden, indem Aktien von Unternehmen in den Index aufgenommen werden, die ihre Goldproduktion nicht über einen Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren absichern. Letzteres ist ein wichtiger Unterschied zum Solatcive Index. Der HUI ist ein modifizierter, gleichgewichteter Index in US-Dollar.
    Die zwei größten Indexpositionen werden an jedem Indexanpassungstag mit 15 Prozent, die drittgrößte Position mit 10 Prozent gewichtet. Die verbleibenden 60 Prozent werden jeweils gleichgewichtet.






    Erwähnenswert ist noch der Benchmarkindex den Mourningstar verwendet. Auch seine Multiples sind in den Sichten oben abgegeben (dünnere grüne Umrandung). Er hat wieder etwas andere Gewichtungen:

  • Baerenbulle, ich stimme Dir zu, dass die Kurse der Minen nach den historischen Daten etwa doppelt so hoch sein müssten - ganz grob gerechnet.
    Aber ehe man daraus auf künftig höhere Kurse schließt, sollte man sich fragen, warum die Kurse heute so niedrig sind. Schließlich geschieht nichts ohne Grund. Einfach anzunehmen, dass Goldaktien halt zur Zeit aus der Mode sind, ist in meinen Augen zu oberflächlich.


    Ich weiß die Antwort nicht, da ist die kollektive Intelligenz des Forums gefragt. Ein paar Gedanken zum Einstieg:
    - Fürchtet man ein Verbot der Goldförderung, weil die Ressourcen dringender für anderes gebraucht werden? So etwas gab es wohl im Zweiten Weltkrieg. Ressourcen aller Art werden demnächst knapp, das dürfte unstreitig sein.
    - Fürchtet man Enteignung oder konfiskatorische Besteuerung? Der Geldhunger der Staaten wächst. Goldbesteuerung trifft nur wenige, ist also politisch leicht durchzusetzen. Würde Gold bei der Mehrwertsteuer behandelt wie heute Silber (natürlich nicht nur in Deutschland), dann würde das den Goldabsatz schon erheblich erschweren.
    - Fürchtet man den Umweltschutz? Die Anforderungen steigen, manches Projekt scheitert daran schon heute.
    - Ist es die Konkurrenz von Kryptos und Tech-Aktien? Das wäre Anlass zu Optimismus, denn beide Blasen werden irgendwann platzen, vielleicht schon bald.


    Wie gesagt, ich weiß es nicht, und bin gespannt auf Eure Antworten.


    Gruß! Fritz

    Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ — Paul Sethe. Leserbrief SPIEGEL, 5. Mai 1965.

  • - Fürchtet man Enteignung oder konfiskatorische Besteuerung? Der Geldhunger der Staaten wächst. Goldbesteuerung trifft nur wenige, ist also politisch leicht durchzusetzen. Würde Gold bei der Mehrwertsteuer behandelt wie heute Silber (natürlich nicht nur in Deutschland), dann würde das den Goldabsatz schon erheblich erschweren.
    - Fürchtet man den Umweltschutz? Die Anforderungen steigen, manches Projekt scheitert daran schon heute.
    - Ist es die Konkurrenz von Kryptos und Tech-Aktien? Das wäre Anlass zu Optimismus, denn beide Blasen werden irgendwann platzen, vielleicht schon bald.


    Wie gesagt, ich weiß es nicht, und bin gespannt auf Eure Antworten.


    Gruß! Fritz

    Alles gute Gründe, aber viel hängt vom Goldpreis ab. Gold ist auch stets im direkten Vergleich mit anderen Assetklassen zu sehen. Alle Assetklassen sind zinssensitiv. Das gilt auch für Gold.


    Steigende Zinsen wirken auf alle Assetklassen desaströs und verstärken die Schwerkraft.


    Bei einem Bond mit 10-jähriger Duration bewirkt eine 1%-ige Zinserhöhung eine ca. 10%-ige Kurskorrektur. Bei Kurzläufern mit einer 1-jährigen Duration dagegen nur eine 1%-ige Abwertung.
    Value-Aktien haben eine kürzer Duration. Sagen wir 10 Jahre => 1% Zinserhöhung bewirkt, dann ebenfalls z.B. einer Abwertung von ca. 10%. Das PE verbessert sich gleichzeitig um 10%, da Bonds aus Sicht des Aktionärs mit einer 1% höheren Rendite attraktiver geworden sind und Anleger daher solange in Bonds umschichten bis sich auch die Aktienrendite ca. um ein Prozent angeglichen hat.
    Growth-Aktien haben ein sehr lange Duration, da der Cashflow stärker in der Zukunft liegt. Daher werten Sie bei Zinserhöhungen stärker ab. Bei einer Duration von 20 Jahren also ca. 20%. Das kann man zur Zeit schön besichtigen. Die ARKK-Fonds von Cathie Woods haben von 137 $ im Top auf 40 $ abgegeben. Das ist wirklich AaaaaaaarKK.


    Gold hat laut Studien ebenfals eine sehr lange Duration z.B. 27 Jahre. Eine Zinserhöhung wirkt sich also sehr stark aus. Allerdings muss die Zinserhöhung auch am kongruenten Bereich der Zinskurve erfolgen. Eine 1%-ige Zinserhöhung am 30-jährigen Ende ist aber ausgesprochen viel.
    Gold ist aber nicht vom Nominalzins, sondern vom Realzins abhängig. Präzise von dem Realzins am langen Ende der Realzinskurve. Die Realzinsen sind in jüngster Vergangenheit am langen Ende gestiegen (s. Grafik).


    Das Gold trotzdem nur so wenig abgewertet hat, ist daher schon fast erstaunlich:


    Das Gold sich so stabil hält, liegt sicherlich an der Russlandkrise und der Aussicht auf einen hübschen langen unangenehmen Bären (nicht den russischen). Neben dem (langen) Realzins ist Angst bzw. das "Safe haven"-Argument der zweite große Treiber des Goldpreises. Er könnte den Ansteig am langen Ende kompensiert haben.


    Erstaunlich ist aber auch, dass der Realzins trotz der hohen Inflation überhaupt am langen Ende steigt, denn eigentlich muss man ja die Inflation vom Nominalzins abziehen. Der Markt scheint also der Ansicht, dass die Inflationserwartung auf lange Sicht durch die FED beherrschbar ist, sonst wäre die Kurve flacher und der Realzins niedriger und der Goldpreis höher. Die (lange) Break Even Inflation ist dann auch erstaunlich niedrig.


    Ich denke aber, dass die FED zuwenig tut. Das ist auch nicht nur ein Bauchgefühl, sondern es läßt sich auch recht gut berechnen. Quantifizieren kann man das mit der "Taylor-Rule". Ich werde dazu morgen noch was schreiben. Ist etwas kompliziert. Aber ich bin aufgrund dessen - was Gold angeht - eigentlich zunehmend bullish, trotz steigender Zinsen.

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